Die Wiedersehensfreude war riesig, als wir nach genau 3 Jahren Corona-Abstinenz mit fast gleicher Mannschaft in Pirimiti-Südmalawi ankamen und Schwester Mary uns wieder in ihre Arme schließen konnte. Sie und ihre einzige Krankenhaus-Ärztin, Dr. Chitsanzo, hatten prächtige Vorarbeit geleistet. Nicht nur, dass die Genehmigungsverfahren für Ärzte und Schwestern zwischenzeitlich ungleich komplizierter geworden waren, Schwester Mary musste dafür extra die Reise in dieHauptstadt unternehmen und unzählige Gespräche führen und Mails schreiben. Dafür wurden wir entlohnt durch die perfekte Vorarbeit unserer einheimischen Kollegin. Diese hatte als Jahrgangsbeste von ganz Malawi ein Stipendium für China erhalten und dort 6 Jahre studiert. Wir nannten sie deshalb nur noch mit ihrem chinesischen Namen: Dr. MeiLin (schöne Blume). Die chinesische Perfektion und die dort erlernte Durchsetzungskraft und Strebsamkeit erfuhren wir schon am ersten Tag, als sie uns eine gedruckte Liste aller Patienten der ersten Woche vorlegte mit Diagnosen, Telefonnummern und Fotos. Letztere hatte sie mir größtenteils schon vorab zugeschickt. Die Akquise der Patienten hatte sie größtenteils über die sozialen Medien erreicht, mit sichtlich größerem Erfolg als über das Radio, was wir im Norden zuletzt nicht mehr mit so großem Erfolg erfahren hatten.

Meine Frau und ich waren schon einige Tage vorher angekommen und hatten das in Pirimiti gelagerte Material und Instrumentarium, sortiert, welches wir beim letzten Mal dagelassen hatten sowie zwischenzeitlich aus unserem Lager im Norden in Kaseye nachgeliefert hatten und jetzt auch mitgebracht hatten, und in den OP gebracht, so dass es am Montag gleich losgehen konnte. Es waren auffällig viele kleine Patienten mit Kontrakturen, zumeist nach Verbrennungen, zusammengebracht worden, aber auch große Tumore und sonstige Verletzungsfolgen. So war jeder Operationstag gut gefüllt.

Unser Anästhesieteam (Hamm/Stasius) beeindruckte mit dem Einsatz zahlreicher ultraschallgestützter Nervenblockaden, selbst bei Kleinkindern, zur schonenden und anästhesiesparenden Betäubung.

So konnten in den 2 Wochen 58 Operationen praktisch komplikationsfrei durchgeführt werden.

Da war Mike, ein 16jähriger Schüler, der vor Jahren eine schwere Gesichtsverbrennung erlitten hatte und fast zur Unkenntlichkeit entstellt war. Er konnte insbesondere das rechte Auge nicht mehr schließen, am Unterlid hatte sich ein hässliches Geschwür gebildet. Ihm konnten wir mit einer Oberlidplastik den vollständigen Lidschluss wiederherstellen.

Bei Martha, einer 75-jährigen Großmutter, hatte ein bösartiger Tumor den linken Nasenflügel weggefressen. Wir konnten den Tumor vollständig entfernen und die Optik durch einen Nasolabiallappen rekonstruieren.

Bei zahlreichen Kindern sahen wir schwere Kontrakturen an Händen, Ellenbogen, Schultern und Kniegelenken, die zum Teil so ausgeprägt waren, dass sie in einem Schritt gar nicht vollständig korrigiert werden konnten. Ihnen bleibt im nächsten Jahr der nächste Schritt der kompletten Korrektur vorbehalten.

James konnte seinen Mund aufgrund einer schweren Gesichtsverbrennung nur zu einem Drittel öffnen, auch hier musste eine gestielte Lappenplastik für normale Mundöffnung eingesetzt werden.

Und dann die schlimmen Keloide: eigentlich hatten wir uns dafür ausgesprochen, diese als Schönheitsoperationen anzusehen und daher nicht zu korrigieren. Dieses Prinzip ließ sich angesichts schlimmer Entstellungen nicht durchhalten, so dass wir dann doch einige Frauenohren und -Gesichter zu deren höchster Zufriedenheit von entstellenden wuchernden Narben befreien konnten.

In der zweiten Woche kam dann noch die arme dreijährige Amelie dran, sie hatte von Geburt an zusammengewachsene Finger und Zehen. In einer vielstündigen Operation konnten zunächst an einer Hand 3 Finger herausgetrennt werden und selbstständig geformt werden. Zum Hautersatz nahmen wir gerne Vollhaut aus der Leiste oder vom Unterbauch.

Wir haben bei allen Kindern mit Hauttransplantaten vor unserer Abreise die Wunden ansehen können und keinen einzigen Transplantatverlust beobachtet.

Die Schwesternschaft hatte uns in einem komfortablen Gästehaus einquartiert, als Gegenleistung hatten wir ihr die Übernahme der Kosten für die neugeschaffene Einrichtung zugesagt.

Am Wochenende zwischen den beiden Einsatzwochen gab es einen Ausflug zu einem Tierpark, der bei den extrem hohen Temperaturen auch für ein wenig Entspannung sorgte.

So konnte das Team in viele glückliche Gesichter blicken und hochzufrieden mit den guten Ergebnissen und den vielen geschlossenen Freundschaften  wieder die Heimreise ins kalte und problembelastete Europa antreten; der nächste Einsatz ist gewiss, denn leider konnten wir in der gegebenen Zeit längst nicht alle vorgestellten Patienten versorgen.

An dieser Stelle sei allen Spendern, die diesen Einsatz möglich gemacht haben, herzlich gedankt, besonders auch der Pro-Interplast e.V., die die Flugkosten übernommen hat.

Michael Schidelko