Patienten hatten sich schon gemeldet und waren im KamuliMission-Hospital in Uganda aufgenommen worden. Alles war vorbereitet für den Einsatz von Interplast Germany. Doch die CoronaPandemie zwingt Dr. Arnulf Lehmköster von der Vredener Sektion von Interplast und das Team, zu Hause zu bleiben. „Viele Patienten mussten nach Hause geschickt und vertröstet werden, aufs nächste Jahr, hoffen wir“, so Arnulf Lehmköster. Jetzt nutzt er andere Wege, um dennoch zu helfen. Plastischrekonstruktive Chirurgie von zuhause – das geht, wenn auch nur bedingt. Schon sehr früh, so Lehmköster, haben die ostafrikanischen Länder, zu denen Uganda und Ruanda zählen, begonnen, Ausländer erst nach zweiwöchiger Quarantäne ins Land zu lassen. Das bedeutete die Absage des Einsatzes. Lehmköster erläutert: „Die meisten Teammitglieder nehmen zwei Wochen Urlaub für einen Interplast-Einsatz, nach Quarantänezeit wäre dieser vorüber gewesen. Und nach Rückkehr nach Deutschland wieder zwei Wochen Quarantäne in Deutschland.“ Später wurde auch Flug gecancelt und es kam die generelle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.

Austausch per WhatsApp Jetzt also kommt Hilfe aus dem Homeoffice. Arnulf Lehmköster berichtet: „Da der Arzt Dr. Bonnie seit Jahren mit uns arbeitet, grundlegende Techniken der Plastischen Chirurgie beherrscht – obwohl er keine Facharzt, sondern „general practitioner“ ist –, tauschen wir uns jeden Nachmittag über OPs des Folgetages aus – WhatsApp macht es möglich. Selbst aufkommende Fragen während der OP können in begrenztem Umfang gelöst werden; auch eine Form der Telemedizin.“ So konnte er verfolgen, wie eine drittgradige Verbrennung an Kopf und Hals von Dr. Bonnie mit Sr. Agnes und Sr. Helen als Anästhesistin perfekt operiert wurde. Und was in Uganda klappt, geht auch in Ruanda. Auch nach Murunda gehen nahezu täglich Gespräche und Bilder hin und her, auch dort werden unter anderem frische Verbrennungen erfolgreich transplantiert. Ein Patient, so Lehmköster, wurde aus der Hauptstadt, aus dem Universitätsklinikum, zur Hauttransplantation nach Murunda verlegt. Seine Beobachtung: Die Corona-Pandemie trifft afrikanische Länder extrem. Unter dem konsequenten Lockdown, der in Ruanda wie Uganda verhängt ist und eben noch mal verlängert wurde, leiden die Menschen. Wer zum Beispiel in den Hauptstädten Kigali (Ruanda) oder Kampala(Uganda) arbeite, seine Familie aber auf dem Lande habe, habe seit über vier Wochen keine Chance, sie zu treffen.  „Francine, eine Anästhesieschwester, die in der Hauptstadt arbeitet, aber immer zu unseren Einsätzen nach Murunda kommt und deren Kinder in Gitarama leben, hat sie seit über vier Wochen nicht gesehen“, nennt der Vredener ein Beispiel. Die drastischen Maßnahmen afrikanischer Länder haben bislang sehr niedrige Infektionszahlen an Covid-19 bewirkt. Lehmköster hofft, dass das so bleibt: „Bei der Dichte, in der die Menschen zusammenleben, weitgehendem Fehlen von Schutzkleidung etc. wäre ein Ausbruch verheerend.“ Seine Einschätzung ist aber, dass die Armut weiter zunimmt und damit auch Hunger, was zur Schwächung des Immunsystems führe. Intensivbetten, erst recht Beatmungsplätze würden fast vollständig fehlen.

Einkommen bricht weg „Viele Mitarbeiter der Krankenhäuser haben zur Zeit praktisch kein Einkommen. In Murunda/Ruanda zum Beispiel steht der Bau einer großen Abstützwand vor unserem Chirurgiegebäude still, das bedeutet aber für die Arbeiter, dass sie keinen Lohn bekommen“, berichtet Arnulf Lehmköster. „Wir haben begonnen, unsere Freunde in Kamuli und Murunda auch dahingehend finanziell zu unterstützen, dass sie den bedürftigsten Klinikmitarbeitern und ihren Familien mit Carepaketen helfen können.“ Diese Pakete enthalten ein Stück Seife, die nicht in jedem Haushalt vorhanden ist, Waschmittel, haltbare Lebensmittel, aber auch Milch und frische Vitaminspender aus der Region wie Avocado oder Ananas. Alles werde vor Ort besorgt, so auch dichter Stoff zur Anfertigung von Mundschutzen, das Nähen übernehmen Näherinnen des Dorfes, die dann auch wieder etwas verdienen können. Beide Partnerkrankenhäuser, so sagt der Vredener Chirurg, sollen mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden: „Ein Prozess, der seit Monaten in Gang ist, aber nun ebenfalls auf Eis liegt.“ Für ihn steht fest, dass der afrikanische Kontinent leidet. „Wir von Interplast Sektion Vreden hoffen, in 2021 unsere Einsätze wieder aufnehmen zu können.“