Seit 2009 führt Dr. Klaus Schiller mit Interplast Germany e.V. augenärztliche Einsätze in hilfsbedürftigen Ländern durch. Nach 12 Jahren entschied er sich, mit einem Team von ‚Vision for Puma e.V.‘ erneut nach Tansania zu fliegen, um seine Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. Die Reisekosten des Einsatzes wurden von Interplast Germany – Sektion Siebengebirge übernommen. Nachfolgend sein Einsatzbericht:
Teilnehmer: Dr. Christiane Schilling, Dr. Jan Büttner, Dr. Klaus Schiller, Operationsschwester Katja Liebsch, Optikerin Anina Eichelsbacher.
2009 war ich über Interplast Germany e.V. nach Puma/Tansania gekommen. Das Hospital wird von dem katholischen Kloster „Mothers of the Holy Cross“ betrieben, hat eine Bettenstation, eine Ambulanz und 2 Operationsräume, wovon wir einen benutzen dürfen, wenn wir in Puma sind. Ich habe dort im Juli 2009 die ersten Kataraktoperationen durchgeführt. Vorher war ich 8mal zu augenärztlichen Hilfseinsätzen in Uganda, Tansania und Ägypten und China unterwegs und hatte die Erfahrung. 2010 hat Dr. Frank Klemm für die augenärztlichen Hilfseinsätze in Puma die Hilfsorganisation „Vision for Puma e.V.“ gegründet und Spenden gesammelt. Ich war dann bis 2012 7mal in Puma zu Hilfseinsätzen. Nach 2012 hat Frau Dr. Christiane Schilling (Suhl) diese Einsätze übernommen. Nach 12 Jahren Pause hatte ich mich im fortgeschrittenen Alter entschieden, nochmals mit einem Team mitzufliegen, um mich in Puma zu verabschieden und zu helfen.
Der Einsatz fand vom 12.10. bis 26.10.2024 statt. Eine kritische Phase ist immer nach der Ankunft in Tansania der Zoll im Kilimanjaro Airport. Alle mitgebrachten Hilfsgüter z.B. Medikamente, Brillen, Op Material, Kunstlinsen u.a. müssen Monate vorher online bei der Regierung angemeldet werden. Es gab auch diesmal wieder langes Diskutieren und Warten, aber wir sind nach ca. 2 Stunden diesmal ohne Bakschisch durchgekommen jeder mit 2 Koffern Hilfsgütern.
Die Anreise nach Puma (ca. 400km vom Flughafen Kilimanjaro Airport) führt immer zuerst nach Dareda, wo das Kloster auch ein kleines Hospital, eine Landwirtschaft und ein Waisenhaus betreibt. In Dareda stehen einfache ophthalmologische Untersuchungsgeräte zur Verfügung und wir führten eine Sprechstunde durch, die mit 50 Patienten gut besucht war. Bei 10 Patienten war eine Operation nötig. Sie wurden nach Puma überwiesen, da Operationen in Dareda nicht möglich sind. So trafen wir erst am Montag, den 14.10.24 abends in Puma ein und wurden wie immer sehr freundlich von den Kloster Schwestern und Patern empfangen. Gefreut hat mich persönlich sehr, dass mich viele als „founder“ der Augeneinsätze wiedererkannt haben.
Die Unterbringung ist immer im Gästehaus des Klosters in einfachen Zimmern, Toiletten funktionierten und Duschen mit kaltem Wasser war auch in einigen Zimmern möglich. Am Dienstag, den 15.10. früh mussten wir die Untersuchungsgeräte in Position bringen und konnten dann starten. Für die Augeneinsätze steht ein separates Gebäude mit 3 Zimmern zur Verfügung. Die Organisation vor Ort übernimmt immer Frau Rachel Sumbe, die von „Vision for Puma“ eine Ausbildung zum Ophthalmic Officer gesponsert bekommen hat. Rachel schreibt auf ein Registrierungsblatt die Beschwerden des Patienten in Englisch und bestimmt den Visus mit einer Tafel mit E Haken. Außer Rachel muss immer ein 2. Helfer vor Ort sein, der von Englisch nach Suaheli und umgekehrt übersetzt. Frau Dr. Schilling und ich führten die Untersuchungen durch, die Optikerin Anina Eichelsbacher korrigierte Brechtwertfehler und suchte nach passenden Brillen. Wir hatten zu Hause viele Brillen gesammelt und teilweise anfertigen lassen. Es warteten sehr viel Patienten meist mit „poor Vision“ Sehschwäche und Augenschmerzen auf uns. Die häufigsten Diagnosen sind Katarakt, Hornhaut trübungen oft nach alten Verletzungen oder Hornhautentzündungen, aber auch Sehnervenatrophie, Maculadegeneration, Thrombosen, diabetischen Veränderungen. Weiterhin gibt es oft nicht korrigierte Brechwertfehler, häufig werden Lesebrillen benötigt. Viele Patienten klagen über Jucken und Drücken, es gibt oft allergische Bindehautreizungen und trockene Augen. Gleich in den ersten Tagen kamen mehrere Patienten mit praktischer Blindheit auf beiden Augen durch Katarakt, denen wir durch eine Operation helfen konnten. Eine 40 jährige Frau Regina kam als praktisch Blinde mit beidseitiger Katarakt, wurde erst auf einem, dann auf dem anderen Auge operiert und hat sich mit einem Lächeln bedankt. Es kamen dann noch mehrere Patienten mit maturer Katarakt bds.
Das Op Team mit Dr. Jan Büttner und Schwester Katja Liebsch hatte anfangs Probleme, weil ein Operationsraum rekonstruiert wurde und Bauarbeiter ziemlichen Lärm verursachten. Außerdem sollten die einheimischen Chirurgen auch im zweiten Op-Raum operieren. Am Abend konnten wir den Op einrichten und ab Mittwoch operieren. So wurden dann ab Mittwoch meist 6 Patienten mit Katarakt operiert. Dank eines gespendeten mitgebrachten Phakogerätes als Phakoemulsifikation mit Implantation einer flexiblen Hinterkammerlinse. Morgens wurden dann immer zuerst die operierten Patienten angeschaut, aufgeklärt, mit Tropfen und einer Sonnenbrille versorgt, bei gutem Befund entlassen und wieder bestellt zur Kontrolle. Alle Untersuchungen dauern viel länger als in unseren Ambulanzen. Beide uns zur Verfügung stehenden Spaltlampen waren schlechter Qualität. Die wichtigen Aufforderungen an den Patienten beherrschen wir auf Suaheli: Öffne die augen „ Fungua macho“, schliesse die Augen „Fungua macho“, lege dein kinn auf „weka kidewo hapa“, lies die Zahlen „Soma mamba“ usw. Nach Schluß der Untersuchung muss dann ein Helfer übersetzen, Tropfen oder eine nötige Operation erklären, was oft lange dauert. Die Patienten müssen für die Operation, für Brillen und Augentropfen an der Rezeption bezahlen. Diese Preise werden von der Klosterleitung festgelegt und sind für eine Kataraktoperation für Tansania Verhältnisse sehr hoch (34 US Dollar), was uns sehr betrübte. Wir haben dann in 2 Fällen die Kosten für eine Operation von uns bezahlt.
Am eindrucksvollsten war ein Nachmittag mit 35 Kindern einer in der Nähe gelegen Blinden- und Sehschwachenschule, zu der ich schon 2011 Kontakt aufgenommen hatte. Bei diesen Kindern handeln es sich meist um Albinos, Einheimischen mit weißer Haut und weißen Haaren, denen das Pigment am ganzen Körper fehlt, auch im Auge in der Regenbogenhaut und Netzhaut. Sie können nicht fixieren, haben einen Nystagmus (Augenrucken) und sind hochgradig sehschwach, Sehkraft unter 10%. Manche haben aber zusätzlich eine Kurzsichtigkeit, wo wir die Sehkraft mit einer Brille ein wenig verbessern konnten. Es kamen aber auch viele Patienten, vor allem Schülerinnen aus dem Kloster mit vollem Visus, die über Jucken und Kratzen klagten und Befeuchtungstropfen und wenn vorhanden eine Sonnenbrille erhielten.
Sonntags wird nicht gearbeitet, wir haben den katholischen Gottesdienst besucht. Nachmittags sind wir mit dem Dalla Dalla (Minibus) zur nächsten Stadt Singida gefahren und haben den Markt besucht. Die Landschaft ist reizvoll mit großen runden Steinen teils wie riesige Finger, teils mit großen runden Steinformationen. Ansonsten nur trockenes Buschland, die Gegend liegt über 1500 m hoch. Das Dorf Puma ist ca 1 km entfernt mit vielen Shops und meist einfachen Lehmhäusern. Es war mittags fast immer über 30 Grad, es gab aucheinige Regentage sofort mit Stromsperren. Im Büro des Klosters stand an sich ein Router für WLAN Internet, es klappte aber nur an etwa 3 Tagen, die anderen Tage kein Internet wegen irgendwelchen Störungen.
Insgesamt wurden 37 Operationen und ca 500 Untersuchungen einschließlich Dareda durchgeführt. Es war für mich 85-jährigen Augenarzt recht anstrengend, aber ich bin froh, dass ich das gemacht und geschafft habe.
Ich bedanke mich herzlich bei allen, die den Einsatz mit Geld- oder Sachspenden unterstützt haben: Rudolf- Virchow- Klinikum Glauchau, Firma Humanoptics, Optiker Ralf Engler Glauchau, Optiker Barth Glauchau, Interplast Germany e.V. und alle meine Freunde.
Dr. med. Klaus Schiller