Kamuli Mission Hospital Uganda 05.11.-20.11.2022, Sektion Vreden
Für das Ludwigshafener Team mit Dr. Kerstin Röhm war es bereits der 4. Einsatz in Kamuli/Uganda seit 2016. Mit auf der Reise waren diesmal von der Anästhesie Annamirl Jellinek (Assistenzärztin, Ludwigshafen) und Claudia Bethge (Anästhesie- und Intensivfachkrankenschwester, Ludwigshafen), das Chirurgieteam bestand aus Dr. Yekta Gören (Plastischer Chirurg, Köln) mit Assistenzärztin Dr. Jaqueline Abel, sowie Hubert Sax (Allgemeinchirurg, Bad Schwartau) und Angelika Möhrer (OP-Schwester, Ludwigshafen).
Trotz Verspätung des Fluges von Frankfurt nach Brüssel, gestaltete sich die Anreise nach über Kigali/Ruanda nach Entebbe problemlos, alle 16 Koffer waren auffindbar. Am Zoll gab es primär kein Personal, beim 8. Koffer wurde dann aber doch nach unseren Zollpapieren für das medizinische Material gefragt. Wir konnten zwar den Einzahlungsbeleg der Drug Administration, aber nicht das fertige Zollpapier – nach 30-minütiger Diskussion und mehreren Telefonaten ließ man uns dann doch durch. Moses holte uns wie immer mit dem Schulbus ab, dann ging es für weitere 4 Stunden erstmals über die im letzten Jahr neugebaute Nilbrücke bis ins Kamuli Mission Hospital.
Die Zusammenarbeit mit dem Mission Hospital gestaltete sich bereits am Screeningtag als ausgesprochen gut, die Patienten waren bereits von Dr. Faustine Maiso (neuer ärztlicher Direktor) vorselektiert worden, der operative Bedarf war enorm groß und das OP-Programm innerhalb von Stunden komplett gefüllt. Zwischenzeitlich widmeten wir uns der Inbetriebnahme und Testen der Gerätschaften im OP, des Lagers und vor allem der Sterilisation zusammen mit Schwester Agnes, die uns in all den Jahren immer unterstützt hat. Ein erstes Nile Bier gab es am Sonntagabend auf der Terrasse des Guesthouse und die Haushälterin Goretti bekochte uns wie immer vorzüglich.
Am Montag startete der erste OP-Tag mit einem riesigen Lipom zervikal, danach folgte ein bunter Mix aus Kinder-Hernien, riesigen Schilddrüsenknoten und plastischen Eingriffen mit insgesamt 14 Stunden. Es kamen weiterhin täglich viele Patienten, die gesehen werden wollten, erste Operationen wurden in Lokalananästhesie am 2. OP-Tisch durchgeführt und schließlich auf Teilnarkose ausgeweitet. Notfallmäßig versorgten wir, vom ugandischen Team gerufen, einen Patienten mit einer Darmischämie bei inkarzerierter Nabelhernie mit Resektion und Seit-zu-Seit-Anastomose, das Ganze in Spinalanästhesie über fast 4 Stunden mit der einheimischen Anästhesistin Ellen, Der Patient wurde erfreulicherweise nach einigen Tagen wieder wohl genesen nach Hause entlassen.
Nach 3 Tagen mussten wir aber viele Patienten mit OP-Wunschauf den nächsten Einsatz im kommenden Jahr vertrösten. Insgesamt wurden dabei neben dem laufenden OP-Programm von unseren beiden Chirurgen ca. 250 weitere Patienten gesehen und beraten. Am 3. OP-Tag kam es zum Totalausfall des Anästhesiemonitors inklusive Sauerstoff-, CO2– und Narkosegasmessung, der sich trotz Kontaktaufnahme mit dem deutschen Gerätehersteller vor Ort nicht lösen ließ. Ellen, die ugandische Anästhesieschwester, versorgte uns mit einem Basismonitoring und es gab immerhin einen Ersatzkapnographen mit Gasmessung als Notfallbackup von uns, also ging der OP-Betrieb nach kurzer Umorganisation ungehindert weiter.
Innerhalb der ersten Woche wurden bei langen 12-stündigen OP-Tagen viele Patienten operiert und wir hatten uns den Ausflug mit dem Schulbus am Sonntag mit dem gesamten OP- und Stationspersonal redlich verdient. Wir statteten dem LAMU Krankenhaus in Jinja (dieses Jahr neu eingeweihtes Krankenhaus von Dr. Jan Wynands) ein Besuch ab und trafen vor Ort das Interplast-Team aus Schopfheim, das gerade angekommen war und sich organisierte. Danach fuhren wir weiter an die Itanda Falls zwischen Jinja und Kamuli, wo es ein Picknick mit frischgebratenem Tilapia-Fisch und Fries gab. Bei einem gemeinsamen Spaziergang am Nil und eine Bootsfahrt ließen wir kurzzeitig die Seele baumeln und genossen den Sonnenuntergang.
Dank unseres perfekt funktionierenden Teams konnten wir viele Probleme rund um den OP kompensieren, in der 2. Operationswoche nochmals vielen Patienten helfen, die glücklich nach Hause entlassen wurden. Ein 8-jähriger Junge wird nun endlich mit nur noch 10 Zehen problemlos in die Schule laufen können, ein 4-jähriges Mädchen wird in Zukunft endlich wieder die Finger der linken Hand nach Verbrennung benutzen können. An 10 OP-Tagen wurden an zwei OP-Tischen insgesamt 97 Patienten (davon 17 Kinder) operiert, u.a. 21 Hernien und 60 plastisch-chirurgische Krankheitsbilder und 13 Schilddrüsenoperationen. Leider verloren wir im weiteren postoperativen Verlauf ein Kind nach Hauttransplantation bei Verbrennungen, das aufgrund von Diarrhoen und V.a. Anämie bereits am 1. postoperativen Tag in die Kinderklinik in Jinja verlegt worden war, was uns sehr traurig stimmte.
Trotz vielen logistischen, hygienischen und medizinischen Problemen in Uganda war der Einsatz ein voller Erfolg mit vielen glücklichen Patienten und neuen ugandischen, aber auch deutschen Teammitgliedern. Die Zusammenarbeit mit dem ugandischen Kamuli Mission Krankenhaus war nach einem schwierigen Einsatz 2020 bei neuer Führungsspitze sehr gut, es gab bei allen Problemen und Materialsorgen immer eine Lösung, alle Pflegekräfte und Dr. Maggie arbeiteten tatkräftig mit. Dabei konnten diese sowohl auf den beiden Stationen bei großem Engagement und Lerneifer schrittweise auf allen Ebenen angeleitet werden, so dass sie im OP an beiden OP-Tischen parallel selbständig mitarbeiten, auch instrumentieren und assistieren konnten! Insgesamt gibt es inzwischen deutlich bessere Konzepte und Versorgungen auf der Krankenstation für die operierten Patienten. Die Eindrücke aus Uganda werden uns noch lange positiv in unserem Alltag begleiten!