Für einige von uns war es das zweite Mal, dass wir nach Bo, Sierra Leone, reisten. Im Vorjahr waren vier von uns Teil eines Piloteinsatzes aus Orthopäden und Plastischen Chirurg*innen. Da die Organisation und der Ablauf vor Ort damals so reibungslos verliefen, entschieden wir uns dieses Mal für ein rein plastisch-chirurgisches Team. Unser Hauptziel war es, insbesondere Kindern mit Verbrennungskontrakturen zu helfen. Dank der bereits bestehenden Kontakte aus dem vorherigen Einsatz konnten wir uns schon Monate im Voraus mit den Einheimischen vor Ort abstimmen. Besonders hervorzuheben ist hier die Zusammenarbeit mit Dr. Ismail Kebbie vom Gesundheitsministerium, der unter anderem das nationale Klumpfußprojekt leitet und die Einsätze unserer orthopädischen Kollegen betreut.

Nach zahlreichen Zoom-Meetings mit den lokalen Kolleg*innen, intensiver Materialsammlung und der Beschaffung aller notwendigen Dokumente war es endlich so weit: Unser Abreisetag stand bevor. Mit einem Durchschnittsalter von etwa 37 Jahren und einigen Interplast-Neuzugängen startete unser Team, voller Vorfreude und Tatendrang, in Richtung Sierra Leone. Nach einer Zwischenübernachtung erreichten wir schließlich unser Ziel in Bo.

Bei unserer Ankunft wurden wir herzlich vom ortsansässigen Team empfangen, das uns für die Dauer unseres Einsatzes einen ihrer OP-Säle zur Verfügung stellte. Noch am selben Tag begann das erste Screening. An insgesamt zwei Tagen untersuchten wir etwa 100 potenzielle Patient*innen. Die Gruppe war sehr heterogen: Im Fokus standen Kinder und junge Erwachsene mit funktionell einschränkenden Kontrakturen der Extremitäten, aber auch einige Fälle von funktionell und kosmetisch stark beeinträchtigenden Keloiden im Hals- und Gesichtsbereich. Parallel dazu richteten wir unsere Arbeitsplätze ein und bereiteten alles für die bevorstehenden Operationen vor.

Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit begannen wir am darauffolgenden Montag mit den Eingriffen. Wir arbeiteten parallel an zwei OP-Tischen im Saal. Insgesamt konnten wir 38 Patient*innen in die konkrete OP-Planung der nächsten zwei Wochen aufnehmen und 67 Eingriffe erfolgreich durchführen. Dabei stand uns stets einheimisches medizinisches Personal zur Seite, das uns die Arbeit erheblich erleichterte. Besonders das unermüdliche Engagement von Dr. Kebbie und seinem Kollegen Sahr sowohl vor als auch während unseres Einsatzes war von unschätzbarem Wert. Dank gebührt auch Dr. Marian, der Leiterin der Physiotherapie, die sich nicht nur um die Patientenrekrutierung kümmerte, sondern uns auch in allen anderen Belangen unterstützte und immer ein offenes Ohr für uns hatte.

Ein besonders einprägsamer Moment für uns war die morgendliche Visite auf der Kinderstation. Schon aus zehn Metern Entfernung liefen uns die Kinder, die wir operiert hatten, freudestrahlend entgegen und umarmten uns. Viele von ihnen, die zuvor schüchtern oder zurückhaltend waren, tauten unter dem Einfluss der anderen Kinder auf. Es entwickelte sich eine spürbare Gemeinschaft unter ihnen, die uns tief berührte. Es ist immer wieder bewegend zu sehen, wie man mit vergleichsweise wenig Hilfe Großes bewirken kann.

Besonders geprägt war dieser Einsatz nicht nur durch die besonderen Gegebenheiten vor Ort und die Geschichten unserer Patient*innen, sondern auch durch das Team. Trotz langer Tage war die Kommunikation stets verständnisvoll, konstruktiv und kollegial. Die Mischung aus Erfahrungsschatz und Idealismus hat wesentlich zum Erfolg des Einsatzes beigetragen, und so schwer, aber herzlich fiel dann auch die Trennung am letzten Tag.

Ich glaube ich kann für alle sprechen, wenn ich sage, dass es für uns nicht das letzte Mal in Sierra Leone gewesen ist. Wir haben einige Patient*innen gesehen, denen wir beim nächsten Mal helfen können, und hoffen auf eine Fortführung der tollen Kommunikation mit den Krankenhausmitarbeitenden, die uns ihre wertvolle Zeit und Zusammenarbeit angeboten haben. Abschließend beende ich diesen Einsatzbericht in der Hoffnung, dass wir dank aller Unterstützenden von Interplast unsere Mission nächstes Jahr mit voller Leidenschaft und Engagement fortführen können, wo wir dieses Jahr aufgehört haben. Denn ein solcher Einsatz ist nicht nur eine Chance, Patient*innen zu helfen, sondern auch für uns Teammitglieder eine persönliche und medizinische Weiterentwicklung. Es ist eine innere Reise, die uns Demut lehrt, unsere Perspektiven erweitert und uns mit einer Dankbarkeit erfüllt, die weit über den Einsatz hinausreicht.

Pauline Vieweg
für das Team

Teammitglieder:
Philipp Rapp (Plastische Chirurgie, Teamleiter)
Annemarie Malan (Plastische Chirurgie)
Lukas Kargl (Plastische Chirurgie)
Pauline Vieweg (Ärztin)
Kim Zitzmann (OTA)
Gunnar Lübke (Anästhesie)
Christian Cranen (Anästhesie)
Alexandra Hirschfeldt (ATA)