In der Zeit vom 16.10. bis zum 30.10.2023 führte die Sektion Stuttgart-Münster den mittlerweile 15. Einsatz in Tosamaganga / Tansania durch.

Erneut waren mit Gerry Schmidt, Dirk Bierawski und Michael Bergermann Mitglieder des Myanmar-Teams dabei, mit Rudolf Hinger ein Anästhesist aus den ersten Bangalore-Einsätzen ab 2001 sowie Annette Hortling und Stephan Düchting aus dem ursprünglichen Tosa-Team. Neu dabei waren die Anästhesistin Katja Grass und Annegret Graf. Anni ist Medizinstudentin im PJ, die sich für den Einsatz 14 Tage Urlaub genommen hat. Von Beginn an war sie – durch einen früheren FSJ-Aufenthalt in Tanga perfekt in Suaheli – unermüdlich und unersetzlich im Einsatz die sprachliche Barriere zu überbrücken.            

Auf bürokratische Hürden und nicht unerhebliche Zahlungen für Arbeitsgenehmigungen und Einfuhrgenehmigungen waren wir mittlerweile vorbereitet. Neben den TMDA-Listen wurden nun auch Zulassungszertifikate für unsere Medikamente verlangt, die wir einführen wollten. Von Annette dankenswerterweise mit allen notwenigen Unterlagen ausgestattet, kamen wir problemlos durch den Zoll, letztlich wurde dieses Mal kaum geprüft. Nach unbequemer Nacht im Flughafengebäude, Weiterflug nach Iringa und Autofahrt nach Tosamaganga traf das Team nach 32-stündiger Anreise in der Klinik ein. In Iringa wurden wir bereits durch Father Dr. Benjamin Mfaume begrüßt, Priester, Orthopäde und ärztlicher Direktor unseres Krankenhauses in Tosamaganga, der uns zur Stärkung zu einem kurzen Frühstück einlud.

Da uns buchungstechnisch ein halber Tag fehlte, begannen wir noch vor 12 Uhr mit dem Screening der zahlreichen auf uns wartenden Patienten. Gerry und Dirk rüsteten nach Inventur des Vorjahres-Materials zeitgleich den OP auf, während die Anästhesisten sowohl beim Screening als auch im OP tätig waren. Das über Medeor schon vor Monaten bestellte Material traf erst am Abend des ersten OP-Tages ein. Zum Glück hatten Gerry und Dirk durch jahrelange Erfahrung perfekt auch dieses in ihrer Vorplanung berücksichtigt, sodass wir am Dienstag planmäßig mit den ersten Operationen beginnen konnten.

Durch Radio- und Plakatwerbung hatten sich am Montag bereits 260 Patienten registrieren lassen, die erstaunlicherweise auch aus sehr entlegenen Landesteilen angereist waren. Leider befanden sich darunter etliche Patienten mit einer Vitiligo, die wir enttäuschen mussten, ihnen nicht helfen zu können. Die Folge einer Fehlinformation auf einem Werbeplakat!                 Als Dolmetscher hatten Anni und Peter, ein leitender Pfleger der Klinik, viel zu tun, den vielen Patienten bzw. deren Eltern die vorgesehenen Operationen zu erklären. So konnten wir rasch die vorgesehenen OP-Kapazitäten füllen, wobei Reserven bereitgehalten wurden, die im Laufe eines solchen Einsatzes immer wieder dringend benötigt werden.                                

Bis zum Ende des Einsatzes hatten wir schließlich über 300 Patienten untersucht, von denen wir 105 an neun Tagen operieren konnten. Neben der Versorgung zahlreicher Verbrennungskontrakturen durch Vollhaut-Transplantationen konnten wir unter anderem durch den sog. Square-Flap etlichen Patienten mit Bewegungseinschränkungen an der Schulter helfen. Neben den Verschlüssen von Lippen-Kiefer- und Gaumenspalten waren auch mehrere Parotidektomien, Resektionen von Halszysten sowie die Versorgung einer Meningocele erforderlich. Bei Visiten, OP-Assistenz und Versorgung unserer Patienten konnten wir uns immer auf den sehr engagierten Chirurgen Dr. Thomas verlassen, der sich – inspiriert durch unsere Arbeit – in HNO- und Plastisch-Rekonstruktiver Chirurgie vertiefen möchte. Ein Akku-Dermatom hatte die Sektion dem Krankenhaus bereits im letzten Jahr zur Verfügung gestellt, es wird mittlerweile erfreulich und nachweislich erfolgreich für Defektdeckungen eingesetzt.                 

Die Unterbringung war zunächst wieder in dem Gästehaus des Bischofs organisiert. Leider musste das gesamte Team in der zweiten Woche in das bischöfliche Studentenwohnheim nach Iringa umziehen, wodurch jeweils eine Fahrtzeit von über 30 Minuten hinzukam. Für die Fahrten und den gesamten Aufenthalt hatte Dr. Benjamin uns seinen Geländewagen zur selbständigen Nutzung überlassen. Die Fahrten waren abenteuerlich!   

Ein Teil des Teams besuchte am arbeitsfreien Sonntag den äußerst tierreichen Ruaha-Nationalpark. 

Wegen hoher Preise und langer, unsicherer Lieferzeiten planen wir für die Zukunft, Material-Bestellungen – statt über Medeor – im Krankenhaus direkt aufzugeben. Sollte wieder eine solch große Anzahl an Patienten auf uns warten, ist sicher eine Vorauswahl erforderlich, um die entsprechenden Patienten frühzeitiger zu informieren, dass wir ihnen operativ nicht weiterhelfen können. Zwei in die Jahre gekommene Narkosegeräte, die nur noch mit hohen Sauerstoffverlusten betrieben werden können, müssen dringen ersetzt werden. Auch an eine weitere Optimierung der EDV-gestützten Patientenerfassung, -anamnese, – aufklärung und – dokumentation ist zu denken. Die schriftliche Risiko-Aufklärung in Suaheli hat sich mittlerweile etabliert.     

Schließlich können wir auf einen erfolgreichen Einsatz zurückblicken. Am letzten Abend führten wir bei einem gemeinsamen Essen mit den Ärzten, Schwestern und Pflegern der Klinik viele gute Gespräche. Sie und wir freuen uns auf weitere Einsätze in Tosamaganga.

Ein hälftig von der Interplast-Stiftung und von unserer Sektion zu finanzierendes Bauprojekt einer Aufnahmestation wartet bei zugesagten und vorhandenen Geldmitteln auf die Realisierung. Zahlungen nach Planungs- und baufortschritt, der von der dort seit vielen Jahren zur Schaffung einer ausreichenden Infrastruktur tätigen Schweizer NGO „Freunde von Tosamaganga“ freundlicherweise durch den Ingenieur Beat Fuchs und den Unternehmer Jürg Eichenberger überwacht werden wird.

Hamm, den 9. November 2023                                 Stephan Düchting