DasTeam (von li. nach re.):
Hans-JürgenArndt, Orthopäde/Unfallchirurg, Teamleiter; Dr. Hans-Elmar Nick,plastischer Chirurg; Diana Wirtz, Arzthelferin; Franziska, Felicitasvon Sivers, Ärztin; Miriam Hertwig, Ärztin; Svenja Schieren, OTA;Rolf Overs-Frerker, Anästhesist; Ruth Breuer, Anästhesieschwester;Dr. Theresa Kaminski, Anästhesistin; Sabine Rombach-Scholl,OP-Schwester

Anreise und Arbeit im Krankenhaus

Mit einem 10-köpfigen Team brachen wir am 06.11.2018 von Aachen nach Brüssel mit einem privat organisierten Transport auf. Das Flugzeug brachte uns nach dem Einchecken unserer vielen Gepäckstücke – die Fluggesellschaft hatte uns freundlicherweise das Übergepäck nicht in Rechnung gestellt – in einem 6 ½- stündigen Flug nach Freetown, der Hauptstadt Sierra Leones, einem der ärmsten Länder der Erde. Für die meisten Teamteilnehmer war es der 1. Aufenthalt in diesem westafrikanischen Land. Bei der Ankunft kurz vor Einbruch der Dunkelheit wurden wir von 3 Fahrern des Government Hospitals mit Jeeps erwartet, die uns in einer über 6-stündigen Fahrt über den Highway Richtung Osten nach 350 km um 1 Uhr nachts in unserem Hotel in Kenema ablieferten. Der lange Reisetag hatte uns erschöpft. Das feucht-heiße Klima dieses tropischen Landes sollte uns noch in den nächsten 2 Wochen Einiges abfordern.

Nachdem Frühstück holten uns die Fahrer vom Hotel ab und wir fuhren zum Krankenhaus. Das Government Hospital versorgt mit seinen etwa 350 Betten die 200.000 Einwohner zählende Stadt Kenema und die umliegende Region – insgesamt 650.000 Menschen leben in dem easterndistrict. Bei der Ankunft im Krankenhaus wurden wir schon von vielen Patienten erwartet. Unser Einsatz war über das regionale Radio angekündigt worden. Nach einem kurzen Rundgang wurden wir vom neuenmedical superintendent, Dr. Baion, einem Pädiater und dem neuen Krankenhausmanager Josef Kamara begrüßt. Seit April 2018 hat das Krankenhaus eine neue Leitung. Mit den Präsidentschaftswahlen imMärz, bei denen die Oppositionspartei die meisten Stimmen auf sich vereinen konnte, waren auch überall neue Beamte und Funktionsträger eingesetzt worden. So mußten wir gleich zu Beginn über die Vergütung von Krankenhausleistungen im Rahmen unseres Einsatzes verhandeln. Hier konnten wir jedoch eine Übereinkunft erzielen, die für zukünftige Einsätze vertraglich vereinbart werden soll.

Wir begannen direkt mit dem Screening der Patienten für die nächsten 14 Tage. Der uns vorzüglich betreuende und unterstützende Clinical Health Officer Emmanuel Lordbrahams dolmetschte auf Mende, der lokalen Stammessprache und Krio, der 1. Amtssprache ins Englische. Er hatte in den 2 Monatenzuvor das Prescreening durchgeführt. Wir wählten von 180 Patienten insgesamt 91 zur Operation aus, von denen dann tatsächlich 85 operiert wurden. Mit insgesamt 100 Operationen war der OP-Plan randvoll. Unsere 3 OP-Schwestern und die Anästhesieschwester hatten rasch die beiden uns zur Verfügung stehenden, klimatisierten OP-Säle unter tatkräftiger Mithilfe von 4 einheimischen Mitarbeiter eingeräumt, so daß wir mit den Operationen starten konnten.

Die Arbeit spielte sich rasch ein. Der Arbeitstag begann um 8 Uhr imKrankenhaus mit Visite auf der großen chirurgischen Station. Die Station füllte sich schnell mit unseren Patienten. Die zuoperierenden Patienten warteten vor dem Operationsbereich auf einer Bank.

So konnten wir jeden Tag etwa 9 – 10 Operationen durchführen. Eine 1/2 stündige Mittagspause wurde eingehalten.

Einsatz mit Schwierigkeiten

Natürlich gab es – wie bei jedem Einsatz – Überraschungen und Probleme,die zwar hinderlich waren, aber bewältigt werden konnten. So hatten wir mit kurzfristigen nahezu täglichen Stromausfällen, die die Sterilisation verhinderten, zu kämpfen. An einem Wochenende hatte ein Bagger die Hauptwasserleitung zum Krankenhaus beschädigt, so daß nach 2 Tagen erst wieder sterilisiert werden konnte, nachdem das örtliche Wasserwerk – auf Intervention des Bürgermeisters – einen Tankwagen geschickt hatte. Das Klima mit bis zu 37 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit, noch täglichen Gewittern mit Starkregen zum Ende der Regenzeit, machte allen zu schaffen. Außerdem wurde das Team nicht von zum Glück leichteren Durchfallerkrankungen verschont.

So wurde die abendliche Entspannungszeit auf der Dachterrasse des Hotels von allen sehr genossen. An zwei arbeitsfreien Sonntagen erkundeten wir die Umgebung von Kenema am Rand des nahegelegenen Regenwaldes und besuchten einen Wasserfall

Die Operationen

 

vor 2 Jahren mit Platte versorgte Oberarmfraktur, nun Plattenausriss nach erneutem Sturz, erneute Plattenosteosynthese

Nach Resektion und Weichteilverschluss
Zustand nach 2 Jahre alter Unterarmfraktur mit Durchspiessung und Infektion
Zustand nach 2 Jahre alter
Unterarmfraktur mit
Durchspiessung und Infektion

 

Zustand nach komplexer Handgelenksfraktur mit Funktionsverlust und Zerstörung des Gelenkes –Handgelenksversteifung(- arthrodese)

sonografisch gesteuerte axilläre Plexusanästhesie

Die 100 durchgeführten Operationen verteilten sich nahezu gleich auf die plastischen und die unfallchirurgisch-orthopädischen Eingriffe. Es wurden Hauttransplantationen bei chronischen Wunden, Weichteiltumore,Narbenkontrakturen nach Verbrennungen, lokale Lappenplastiken und Lippen-Gaumen-Spalten und spezielle Handerkrankungen vom plastischen Team operiert.

Alte und frische Frakturen, Pseudarthrosen der großen Röhrenknochen,Knochenvereiterungen, Arthrosen und Fehlstellungen wurden mit Implantaten, Fixateuren, Antibiotika –Ketten und Korrekturosteotomien unfallchirurgisch-orthopädisch versorgt. Bis zu30 Verbandswechseln wurden zwischen den Operationen täglich vorgenommen. Das eingespielte und kompetente Anästhesieteam hat die zum Teil anspruchsvollen 113 Narkosen, Leitungsanästhesien und die Schmerztherapie ohne irgendwelche Komplikationen durchgeführt.

Trotz der hohen physischen Belastung war die Zusammenarbeit im Team sehr harmonisch. Dazu trug auch bei, daß wir die Notwendigkeit unseres Einsatzes täglich durch die Patienten erfahren konnten.Viele sind schon seit Jahren unversorgt. Das Gesundheitswesen in Sierra Leone ist nicht auf die Versorgung von Verletzungen,Behandlung von Schäden des Stütz- und Bewegungssystems eingerichtet. Es gibt viel zu wenig ausgebildete Ärzte, insbesondere Fachärzte. Eine adäquate Versorgung ist allenfalls in der Hauptstadt Freetown gegen hohe Bezahlung möglich.

So reisten unsere Patienten auch über hunderte Kilometer an. Die Dankbarkeit und Herzlichkeit war groß. Viele haben bewegende Schicksale durchgemacht.

Aus dem 150 km entfernten Hospital der German Doctors in Serabu übernahmen wir einen jungen Mann mit Sepsis und einer hochgradig vereiterten frischen Oberschenkelfraktur zur Fixateuranlage und täglichen, ausgedehnten Verbandswechseln mit Wundreinigung inNarkose. Leider konnten wir ihn nicht ausbehandeln und mußten ihn wieder vor unserer Abreise zurückverlegen.

Die 2 ½ Wochen vergingen wie im Flug. Am 22. 11. führten wir die letzten Operationen durch, packten die Koffer und nach einem Abschiedsessen im Hotel, welches vom Hotelmanager gestiftet wurde, verliessen wir am nächsten Morgen wieder Kenema Richtung Freetown,um dort 1 Tag zur Erholung und Abschlußbesprechung zu verbringen.

Das gesamte Team fand den Einsatz sehr lohnend und befriedigend. Klar ist allen geworden, daß wir mit unserem Einsatz nur einzelnen Patientenhelfen können, jedoch die Gesamtsituation der Unterversorgung nicht ändern können.

Wir bedanken uns bei allen Spendern, die mit Geld- und Sachspenden diesen Einsatz ermöglicht haben.

Für das Team:

Hans-JürgenArndt