Wir dürfen von unserem dritten Einsatz mit seinen Erfolgen und Herausforderungen im                    Bo-Krankenhaus, Sierra Leone, 2025 berichten. Unter der Leitung von Philipp Rapp und mit Unterstützung der Sektion Bad Kreuznach reiste das plastisch-chirurgische Team erneut nach Sierra Leone. Wir freuten uns über zwei neue Teammitglieder: Sascha und Perdita. Perdita war durch ihre zahlreichen Einsätze unter dem Orthopäden Fritjof Schmidt-Hoensdorf bereits mit Sierra Leone vertraut. Für Sascha, der ebenfalls viel Einsatzerfahrung mitbringt, war es der erste Aufenthalt in Westafrika.

Nach unserem multidisziplinären ortho-plastischen Piloteinsatz 2023 und dem rein plastisch-chirurgischen Projekt 2024 wuchs das Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit weiter. Die Lernkurve war für alle steil – ebenso der Wunsch, mit Engagement und Professionalität ein weiteres erfolgreiches Projekt zu verwirklichen. Dieser Einsatz zeigte erneut, dass solche Missionen nur dank des unermüdlichen Einsatzes unserer Partner vor Ort möglich sind.

Diese Zeilen sind daher auch eine Hommage an die Menschen hinter den Kulissen – an ihre Kompetenz, Geduld und ihr Herzblut, die maßgeblich zum Erfolg beitragen. Der Kerngedanke der Nachhaltigkeit, der in jedem Projekt weiterentwickelt wird, beruht auf Vertrauen, Teamarbeit und der engen Kooperation mit dem lokalen medizinischen Personal.

Besonders hervorzuheben ist die Zusammenarbeit mit Dr. Ismail Kebbie, Deputy Director of Non-Communicable Diseases im Gesundheitsministerium, unserem Ansprechpartner und verlässlichen „Kümmerer“. Er ist unentbehrlich für die logistische Koordination, die Visa- und Medical-Council-Angelegenheiten sowie die behördliche Unterstützung.

Ebenso engagiert zeigte sich Marian, die Physiotherapeutin des Bo-Krankenhauses. Ihr Beitrag bei der Patientenauswahl, Terminplanung, Nachsorge und den Verbandswechseln war entscheidend. Dr. Reghina Davies, Chefärztin der Allgemeinchirurgie, unterstützte das Team in allen klinischen Fragen und war ein geschätzter fachlicher Austauschpartner.

Die monatlichen Voreinsatz-Zoom-Meetings mit Dr. Kebbie, Marian und Dr. Davies erwiesen sich als wertvolle Basis für eine strukturierte Vorbereitung und eine offene Kommunikation.

Nach einer Zwischenübernachtung in Freetown hatten wir die Gelegenheit, unser Projekt dem Deputy Chief Medical Officer, Dr. Mustafa Kaba, vorzustellen. Der in Bonn ausgebildete Allgemeinchirurg und Proktologe begrüßte uns in fließendem Deutsch. In seiner Ansprache betonte er seine Unterstützung für das Projekt, erinnerte uns aber zugleich an die gemeinsame Verantwortung für eine nachhaltige Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Er informierte uns zudem über das im Bau befindliche, von Interburn und der Bank of Sierra Leone finanzierte Verbrennungszentrum in Freetown. Dieses Zentrum soll Ende des Jahres eröffnet werden und könnte künftig eine noch bessere Infrastruktur für komplexe Fälle bieten – ein wertvoller Ausblick für zukünftige Interplast-Projekte vor allem vor dem Hintergrund, dass den zukünftigem Zentrum aktuell noch die personelle Besetzung mit entsprechender Ausbildung fehlt; derzeit gibt es gerade einen einzigen plastischen Chirurgen in Sierra Leone.

Bei unserer Ankunft in Bo wurden wir von den Schwestern mit Gesang und herzlichen Umarmungen empfangen. In den vergangenen drei Jahren hat sich eine tiefe Verbundenheit entwickelt, die uns bei jeder Rückkehr berührt und motiviert.

Das anschließende Patientenscreening konzentrierte sich auf Kinder und junge Erwachsene mit Verbrennungsfolgen und Kontrakturen an Händen und Füßen. Auch Patientinnen mit funktionellen und ästhetischen Beeinträchtigungen im Gesicht wurden vorgestellt. Besonders bewegend war das Wiedersehen mit vielen Patientinnen aus den Vorjahren.

Unter ihnen war die inzwischen 14-jährige Salema, die wir 2023 operiert hatten. Damals konnten komplexe Kontrakturen an Ellenbogen und Achsel gelöst und mit Spalthaut gedeckt werden. Dieses Mal führten wir eine Revision kleinerer Stränge in der Axilla sowie eine Rekonstruktion des linken Ohrs durch. Ihre stark deformierte rechte Hand wird in einem zukünftigen Einsatz – möglicherweise im neuen Verbrennungszentrum in Freetown – behandelt werden.

Es war eine große Freude, viele ehemalige Patient*innen mit deutlicher Funktionsverbesserung wiederzusehen. Dazu gehörten Kinder mit erfolgreich gelösten Fingerkontrakturen und Syndaktylien, die nun zum zweiten Eingriff oder zur Nachkontrolle kamen.

Das Team arbeitete parallel an zwei OP-Tischen. Insgesamt wurden 33 Patient*innen in die OP-Planung aufgenommen bei denen komplexe, oft mehrstündigen Rekonstruktionen erfolgreich durchgeführt werden konnten– trotz wiederholter Stromausfälle und nur sieben vollständig nutzbarer OP-Tagen. Viele der Operationen konnten unter Regionalanästhesie und Sedierung erfolgen, Operationen von längerer Dauer wurden in Vollnarkosen durchgeführt, was unter den Energieversorgungslücken eine Herausforderung für das ganze Team darstellte.

Dieser dritte Einsatz in Bo hat gezeigt, was durch kontinuierliche Zusammenarbeit, Vertrauen und Wissenstransfer erreicht werden kann. Die Entwicklung vor Ort – sowohl medizinisch als auch menschlich – ist spürbar, auch wenn diese nur kleinen Meilensteine auf einem langen Weg sind. Mit unseren Einsätzen hat das Ministerium of Health Sierra (MOHS) Gelder für Solarsysteme und Sauerstoff zur Verfügung gestellt. Auch ein “high intensity care unit” soll ausgestattet werden. Zwei junge Pflegekräfte namens Ibrahim und Mathilda waren fast täglich voller Motivation und “hands-on” bei den Verbandswechsel dabei und werden die Patienten nach unserer Abreise weiter betreuen.

Aber besonders die Arbeit mit Kindern und jungen Erwachsenen erinnert uns immer wieder daran, wie entscheidend der Zugang zu funktioneller Wiederherstellung und würdevoller Versorgung ist.

Nachhaltige Hilfe bedeutet, gemeinsam Strukturen zu schaffen, die Bestand haben – damit Heilung, Hoffnung und Zukunft eine reale Perspektive werden.

Bo bleibt für uns ein Ort der Begegnung, des Lernens und der gemeinsamen Vision für eine bessere Gesundheitsversorgung in Sierra Leone. Ob die Vision im Ganzen aber im infrastrukturell stärkeren Freetown in Zukunft mehr Fahrt aufnehmen kann bleibt abzuwarten.

Annemarie Malan
für das Team

Teammitglieder:      

Philipp Rapp (Plastische Chirurgie Facharzt und Teamleiter)
Lukas Kargl (Plastische Chirurgie Facharzt)
Annemarie Malan (Plastische Chirurgie Fachärztin)
Pauline Vieweg (Assistenzärztin Plastische Chirurgie)
Kim Zitzmann (OP Pflegefachkraft)
Aleksandar (Sascha) Jurinić (OP Pflegefachkraft)
Christian Cranen (Facharzt Anästhesie)
Perdita Neugebauer (Fachärztin Anästhesie)
Alexandra Cranen (Anästhesie Pflegefachkraft)